Bayer Leverkusen im Formtief: Vom Wesen der Werkself

Der TSV Bayer 04 Leverkusen wählt für seine regelmäßigen Krisen immer besonders ungünstige Momente - die ganz großen.

Gute Stimmung? Fehlanzeige. Es will nicht recht laufen bei Bayer Leverkusen. Bild: dpa

Eine gewisse Portion Skepsis ist immer erforderlich beim Umgang mit Fußballerphrasen. Sportler kaschieren gerne Dinge, wollen mittels ihrer öffentlichen Stellungnahmen in einem speziellen Licht dastehen, und oft reden sie schlicht Unfug. Selten jedoch sind Aussagen von Fußballprofis so brutal widerlegt worden wie am Donnerstagabend beim 1:4 Bayer Leverkusens gegen Zenit St. Petersburg. Sergej Barbarez hatte zuvor behauptet, sein Team habe "an Reife gewonnen", René Adler hatte feierlich erklärt, "wir sind gewachsen", sie glaubten ihre kleine Krise mit zwei Bundesliga-Niederlagen im glamourösen Europacup überwinden zu können. Jetzt ist die kleine Krise zur großen Krise geworden.

Denn es sind nicht mehr nur einzelne Akteure wie Bernd Schneider oder Arturo Vidal, die neben sich stehen, mittlerweile seien seine Spieler "allesamt nicht in Form, da kann man quer durchgehen", sagt Michael Skibbe nun.

Es handelt sich um eine verheerende Dynamik, die sich da in Leverkusen ergeben hat. Der heftige Sturz lässt eher darauf schließen, dass niemand in Leverkusen reifer ist als vor einem Jahr oder vor zwei Jahren. Wie der Virus einer schlimmen Krankheit in einem Körper ohne Immunsystem hat sich die Formschwäche im Kader ausgebreitet. Plötzlich sind auch stabile Typen wie Adler, der das dritte Tor der Russen hätte verhindern müssen, oder Kapitän Simon Rolfes infiziert. Jeder Einzelne scheint den Glauben an die eigene Kraft verloren zu haben. "Uns fehlt einfach die Selbstsicherheit, um gestandener aufzutreten", klagt der Trainer.

Aber vielleicht liegt die Wurzel des Übels gar nicht bei den Spielern, vielleicht steckt das Problem vielmehr irgendwo im Wesen dieses Klubs. Es ist ein ewig wiederkehrendes Phänomen, dass die Mannschaft ihre schlechten Phasen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt nimmt - in den großen Momenten. Vor zwei Wochen spielte das Team bei Bayern München, hätte mit einem Sieg sogar noch ins Rennen um den Meistertitel eingreifen können, doch plötzlich waren sie wie gehemmt. Die Phase der Blutleere begann.

Rudi Völler ist mittlerweile derart genervt, dass er sich sogar dazu hinreißen lässt, eine Kritik zu formulieren, die die Spieler besonders trifft. "Fußball ist eben auch ein Kampfspiel", meint der Sportdirektor, übersetzt heißt so ein Satz, den Profis mangle es an der Einstellung, sie seien zu zaghaft und zu passiv zu Werke gegangen. Das ist ein alter Vorwurf, der der Bayer-Elf immer wieder gemacht wird, Skibbe spricht daher von einem Déjà-vu. Er wird weiter herumdoktern müssen an diesem chronischen Leverkusener Gebrechen, und besonders zuversichtlich klingt er nicht, wenn er sagt: "Wieder in den Europapokal zu kommen, wird noch eine ganz harte Nuss bis zum Saisonende."

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